Wie bisher nur wenige Entwicklungen in unserer Geschichte verändert die Digitalisierung alle Bereiche unseres Lebens. Gerade die Coronapandemie hat uns dabei aufgezeigt, was wir schon erreicht haben und wo wir noch besser werden können. So hat die schnelle Umstellung auf Online-Lernen und -Arbeiten deutlich gemacht, dass wir in Hessen den Glasfaserausbau noch stärker und schneller vorantreiben müssen. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stellt Fragen der Energie- und Cybersicherheit neu. Besonders für energieintensive digitale Unternehmen wie Rechenzentren wird konsequentes Energiesparen noch wichtiger.
Aus all diesen Erfahrungen wollen wir lernen und die richtigen Antworten geben. Digitalisierung und Digitalität ist für uns GRÜNE jedoch weder Selbstzweck noch Allheilmittel, sondern ein unverzichtbares Instrument für die
soziale, ökologische und nachhaltige Veränderung unserer Gesellschaft. Die Chancen technischer Innovationen
wollen wir GRÜNE so nutzen, dass alle Menschen vom Innovationsmotor Digitalisierung profitieren können. Zugleich braucht die Digitalisierung einen belastbaren und handlungsfähigen Rechtsrahmen, für den wir uns energisch einsetzen. Eine lebendige Demokratie im digitalen Zeitalter braucht zudem zu jeder Zeit eine kritische, aber konstruktive Auseinandersetzung mit der Digitalisierung und ihren positiven wie negativen Auswirkungen.
Wir haben schon einiges erreicht. Für schnelles Internet und Mobilfunk haben wir rund 50 Millionen Euro in den Mobilfunkpakt investiert, beim Breitbandausbau den Schwerpunkt auf Gewerbegebiete, Schulen, Verwaltungs- und Gesundheitseinrichtungen gesetzt. Ende 2022 hatten 85 Prozent der Schulen Glasfaseranschluss. Das in 2022 eingeführte Open-Data-Gesetz öffnet den Datenschatz des Landes für Interessierte und Verwaltungen. Gemeinsam mit 13 hessischen Hochschulen haben wir das Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz hessian.AI gegründet. Und mit dem Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI) haben wir ein interdisziplinäres Netzwerk geschaffen, das die Fragestellungen des digitalen Wandels in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenführen und stärken soll.
Das war erst der Anfang. Unser Land braucht mehr. Mehr Mut, die notwendigen Veränderungen anzugehen. Mehr Willen, diese Herausforderungen zu gestalten. Mehr Verantwortung, diesen Weg für alle fair und gerecht zu beschreiten. Wir wollen für unser Land den nächsten Schritt gehen.
Digitalisierung, die allen dient
Wir wollen, dass digitale Teilhabe nicht vom Geldbeutel oder Wohnort abhängt. Dazu wollen wir den Auf- und Ausbau der digitalen Infrastruktur in Hessen forcieren. Mit der Gigabitstrategie haben wir einen klaren Fahrplan, den wir konsequent weiterverfolgen werden. Neue technische Entwicklungen wie der kommende 6G-Standard im Mobilfunk oder neue Verlegemöglichkeiten für eine Beschleunigung des Glasfaserausbaus haben wir im Blick und wollen deren Umsetzung wo immer möglich unterstützen. Wir sehen den Ausbau leistungsfähigen Breitbandinternets und eines gut ausgebauten Mobilfunknetzes auch in den ländlichen Gebieten als einen Beitrag zur Daseinsvorsorge und werden intensiv daran arbeiten, die Infrastruktur weiter zu verbessern.
Wir setzen uns ein für eine digitale Welt, die niemanden ausschließt. Alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft oder finanziellen Mitteln, sollen teilhaben und den digitalen Wandel mitgestalten können. Die Teilhabe von Frauen in der Digitalbranche und mehr Diversität in der Technikgestaltung wollen wir deshalb weiter fördern. Insbesondere für ältere Menschen müssen Informations- und Unterstützungsangebote ausgebaut werden.
Wir GRÜNE wollen das Handeln von Kriminellen mit illegalen Waren und Dienstleistungen bekämpfen und gleichzeitig die Privatsphäre durch Anonymität für legale Internetnutzung wahren. Fake News, Hass und Hetze treten wir auch im Internet entschieden entgegen. Alle sollen sich im digitalen Raum sicher und datensouverän bewegen können. Wir streben daher höchste Standards beim Datenschutz und in der IT-Sicherheit an. Den Jugendschutz im Digitalen verbessern wir im Einklang mit diesen Standards. Wir stärken die Präsenz des Landes Hessen in unabhängigen, dezentralen (sozialen) Netzwerken.
Eine digitale Gesellschaft braucht digitale Kompetenzen. Wir wollen daher eine Offensive für Medienkompetenz starten, die Medienbildung in verschiedenen Bildungsträgern für Zielgruppen jeden Alters möglichst kostengünstig verfügbar macht. Wir unterstützen kritische, ethische Auseinandersetzung mit den Kosten und Nutzen von Digitalisierung und fördern die Forschung hierzu.
Ein wesentlicher Aspekt der Digitalisierung ist die freie Verfügbarkeit von Wissen. Hier wollen wir eine Kultur der Offenheit und Wiederverwendbarkeit befördern („Open Access“, „Open Data“, „creative commons“). Wir stehen hinter dem Grundsatz „public money, public code“ und werden dies bei den landeseigenen Institutionen befördern. Dabei soll bei allen Chancen, welche Open Access bieten kann, das Urheberrecht gewahrt bleiben. Projekte an hessischen Hochschulen, die selbstverwaltete Open-Access-Zeitschriften aufbauen wollen, werden wir unterstützen. Mögliche Kooperationen mit innovativen Unternehmen und Start-ups begrüßen wir.
Hessens analoge Kulturschätze, wie z. B. Kunstwerke, Denkmäler oder Archivgut, wollen wir so konsequent, zügig und umfassend digitalisieren und online gemeinfrei für alle Interessierten zugänglich machen. Dadurch eröffnen wir auch einer interdisziplinären Forschungsöffentlichkeit neue Möglichkeiten. Zugleich wollen wir den reichen Schatz unseres Landes so aufbereiten und kontextualisieren, dass er online erleb- und erfahrbar wird.
Bürgerfreundliche und moderne Verwaltung mit Digitalisierung gestalten
Eine gute Politik braucht eine gute Verwaltung zur Umsetzung. Wir können dabei in Hessen insgesamt auf stabile und gewachsene Verwaltungsstrukturen zurückgreifen. Dennoch müssen wir die Verwaltung auf Landesebene modernisieren und bürger*innenfreundlicher gestalten. Bei der Ausgestaltung neuer Gesetze wird die digitale Umsetzung und Zentrierung auf die Bedarfe der Bürger*innen, Unternehmen und Institutionen mitgedacht. Wir GRÜNE streben eine barrierefreie, digitale Verwaltung an, die den Alltag von Bürger*innen, Beschäftigten und Unternehmen erleichtert. Benutzerfreundliche und intuitive Bedienungsoberflächen vereinfachen den Zugang zu digitalen Dienstleistungen und erhöhen deren Akzeptanz. Auch wenn hier in den vergangenen Jahren mit der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes bereits große Fortschritte für die digitale Verwaltung gemacht wurden, bleibt einiges zu tun. Durch eine zentral koordinierte Steuerung soll die Verwaltung spürbar schneller, effizienter, transparenter und datengestützt arbeiten können. Dafür wollen wir die Verwaltung in die Lage versetzen, ihre internen Prozesse besser zu digitalisieren, einheitliche Schnittstellen zu schaffen und Medienbrüche zu vermeiden. Verwaltungsprozesse wollen wir systematisch auf eine Vereinfachung und digitale Anwendbarkeit hin überprüfen und eventuelle Rechtsanpassungen vornehmen, damit der öffentliche Dienst ein attraktiver und moderner Arbeitgeber bleibt. Bei der Digitalisierung der Verwaltung sind die Nutzerzentrierung und Anwenderfreundlichkeit stärker mit einzubeziehen. Die Bedürfnisse behinderter und älterer Menschen sind dabei besonders zu beachten.
Die Verwaltungen in Hessen stehen mit der Digitalisierung und dem Generationenwechsel vor enormen Veränderungen. Diese Veränderungen wollen wir mit den Beschäftigten gestalten. Dazu gehören gute und klare Kommunikation mit den Beteiligten, Ausbildung und Mitwirkungsmöglichkeiten. Deshalb werden wir den eGocCampus weiterentwickeln, der die Mitarbeitenden in der Verwaltung weiterbildet, und auf eine barrierefreie und benutzerfreundliche Ausgestaltung der digitalen Angebote und Arbeitsmittel achten. Mit der kommunalen Familie wollen wir einen „Pakt für die Verwaltung“ schließen, um insbesondere kleinere Kommunen bei der Verbesserung der digitalen Verwaltungsinfrastruktur zu unterstützen. Wo sich für kommunale Bürgerservices landeseinheitliche Lösungen finden lassen, wollen wir diese unterstützen. Weiterhin möchten wir die Vernetzung zwischen den Kommunen stärken, um Best-Practice-Lösungen zu teilen und die Innovationskraft der Kommunen zu erhöhen.
Wir arbeiten daran, dass Hessen seine Abhängigkeit von einzelnen Anbietern, Plattformen oder Endgeräten reduziert. Wo möglich, soll Open-Source-Software zum Einsatz kommen. Quelloffene Lösungen im Software- und Serverbereich sollen möglichst nachgenutzt und die entsprechende Verwendung Teil der Beschaffung und Vergaberichtlinien werden. Wir wollen die Umsetzung der Cybersicherheitsstrategie vorantreiben und dabei auch die Sicherheitsbildung und -sensibilisierung in den Fokus rücken.
Digitale Transformation der Wirtschaft
Digitalisierung wird neue Wirtschaftsformen und neue Arten der Wirtschaftlichkeit hervorbringen. Die verschiedenen Transformationsprozesse und der daraus entstehende Fachkräftebedarf stellen auch die Wirtschaft vor große Herausforderungen, bergen aber für den Wirtschaftsstandort Hessen ebenfalls große Chancen. Zur langfristigen Gewinnung und Sicherung von Fachkräften gehören aus unserer Sicht Schulungen in den digitalen Schlüsselkompetenzen für Schüler*innen, Studierende und Auszubildende genauso wie gezielte und auf die Anforderung der Unternehmen zugeschnittene Weiterbildungsangebote für Arbeitnehmer*innen und Arbeitssuchende.
Wir wollen vor allem die Chancen der Transformation nutzen: Die Digitalisierung von Prozessen kann Energie und Ressourcen sparen, Arbeitsprozesse erleichtern und neue Geschäftsfelder eröffnen. Die Digitalisierung kann beispielsweise dazu beitragen, dass Prozesse energie- und ressourceneffizienter werden, und Arbeitsprozesse insgesamt erleichtern.
Datenaufbereitung und -nutzung werden Märkte, die wir gestalten wollen. Das von der Bundesregierung geförderte Dateninstitut soll dabei helfen, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale von Daten besser auszuschöpfen, weil es das Datenökosystem koordiniert, Innovationen ermöglicht, evidenzbasiert berät und damit auch eine sozialökologische Transformation unterstützt. Wir setzen uns dafür ein, dass dieses Institut in Hessen bestmöglich mit den kooperierenden Einrichtungen vernetzt arbeiten kann und bestmöglich seinen Standort in Hessen erhält.
Wir wollen insbesondere junge, digitale und ökologisch nachhaltige Geschäftsideen in Wachstumsbranchen unterstützen, ihre innovativen Angebote zu präsentieren und zu vermarkten. Erfolgreiche Programme wie den DIGI-Zuschuss in der Förderung von Handwerksbetrieben sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) wollen wir passgenau weiterentwickeln. Das Förderprogramm Distr@l wollen wir evaluieren und an die sich schnell wandelnde Förderumgebung anpassen, damit es Lücken ausfüllt. Die Nachnutzung von digitalen Produkten, Software, Gutachten und wissenschaftlichen Ergebnissen im Auftrag der öffentlichen Hand wollen wir stärker über freie und offene Standards und Lizenzen ermöglichen. Mit einem weiteren Förderprogramm wollen wir die IT-Sicherheit in KMU, Handwerksunternehmen und Kommunen fördern.
Die Förderung der Games-Branche wollen wir in der Breite ausbauen und im engen Austausch mit Entwickler*innen, Interessenverbänden und erfolgreich geführten Studios weiterentwickeln. Wir werden uns insbesondere dafür einsetzen, dass der Raum für Games-Entwicklung in Hessen wertschätzende sowie diskriminierungsfreie Inhalte und Strukturen fördert, um alle Perspektiven im Gaming zu integrieren – in einem Markt, der weltweit Milliarden Menschen begeistert.
Digitale Infrastruktur klug einsetzen
Weil die Bedeutung digitaler Infrastruktur und Wirtschaft im ganzen Land weiter steigt, ergänzen wir den Landesentwicklungsplan durch eine regionale Digitalplanung. Neben der Digitalstadt Darmstadt wollen wir auch im ländlichen Raum eine digitale Musterregion unterstützen, in der Kommunen, Landkreise, lokale Wirtschaft und zivilgesellschaftliche Initiativen beispielhaft für andere gemeinsam ihre Region digital ertüchtigen. Wichtig ist uns dabei eine wissenschaftliche Begleitung von Anfang an.
Uns GRÜNEN ist bewusst, dass die Digitalisierung weitere Rechenzentren erfordert, aber sie müssen energieeffizient, regional ausgewogen, verträglich für Menschen und Umwelt sein und dort angesiedelt werden, wo ihre Abwärme weitgehend genutzt werden kann. In Hessen liegt der größte Internetknoten Europas. Ein unregulierter Bau von Rechenzentren und ihr enormer Energiebedarf gefährden Hessens Klimaziele. Wir setzen uns dafür ein, dass die Ansiedlung von Rechenzentren Aufgabe einer transparenten Regionalplanung ist, der ein detailliertes Kataster aller Rechenzentren, Wärmequellen und -senken zugrunde liegt und bei der Energieeffizienz, Abwärmenutzung,
Wassersparsamkeit und die Nutzung erneuerbarer Energien gestärkt werden. Wir unterstützen innovative Ansätze zur Erhöhung der Energieeffizienz wie den Einsatz von flüssigkeitsgekühlten Servern in Rechenzentren und fördern ihre Einbindung ins Nah- und Fernwärmenetz. Studien und Forschung hierzu fördern wir weiterhin. Unser Ziel ist, dass mindestens 30 Prozent der Abwärme aus Rechenzentren genutzt werden. Das schon gegründete Rechenzentrumsbüro werden wir daher in seiner Expertise stärken, mit der Landesenergieagentur vernetzen und zum Ansprechpartner für alle Beteiligten inklusive Kommunen ausbauen. Durch städtebauliche Verträge kann ein hoher Stand von Nachhaltigkeit bei der Ansiedlung von Rechenzentren erreicht werden. Um die digitale Infrastruktur von morgen möglichst ressourcenschonend aufzusetzen, soll zudem Green IT das Leitbild für die Beschaffung und Planung von Land und Kommunen werden. Die Zukunft der Digitalisierung in Hessen muss klimaneutral, energieeffizient, regional ausgewogen und verträglich für Mensch und Umwelt sein. Dieses Leitbild soll auch in den Beschaffungs- und Vergabekriterien des Landes aufgehen.
Risiken der Digitalisierung reduzieren
Angesichts von zunehmenden Cyberangriffen auf öffentliche und private Einrichtungen auch in Hessen wollen wir die Cybersicherheit durch verstärkte Fortbildungen der zuständigen Fachkräfte und Förderung der hessischen Einrichtungen für Cybersicherheit stärken. Die Umsetzung soll unabhängig und ressortübergreifend erfolgen. Durch die Etablierung des Forschungszentrums ATHENE haben wir den Weg begonnen, Hessen zu einem Hub der digitalen Sicherheit zu machen und gezielt Wissen zur Bekämpfung und Verhinderung von Cyberattacken auf kritische Infrastruktur aufzubauen.
Gerade auf den großen kommerziellen digitalen Plattformen entscheiden oft Algorithmen darüber, welche Inhalte und Services dem Nutzer angeboten werden. Verständnis dieser Strukturen ist daher von entscheidender Bedeutung, um Digitalisierung und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz ethisch und am Menschen orientiert zu gestalten. Dazu brauchen wir Forschung an staatlichen Institutionen wie Hochschulen und außeruniversitären Forschungszentren und öffentlich zugängliche Ergebnisse. Hessen hat bereits eine Strategie für Künstliche Intelligenz auf den Weg gebracht und verfügt mit hessian.AI über ein herausragendes Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, das wir ebenso stärken wollen wie das Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung. Diesen Weg wollen wir zusammen mit den Hochschulen weiter beschreiten und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, damit Hessen an der Spitze der Länder im Bereich Künstliche Intelligenz forscht.