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24.07.2023

Kapitel 10: Bürgerrechte wahren, unsere Demokratie verteidigen, Gemeinschaft stärken durch eine verantwortliche Innenpolitik

Eine starke Demokratie braucht eine aktive, engagierte Zivilgesellschaft, eine bürgernahe, leistungsfähige öffentliche Verwaltung sowie Sicherheitsbehörden, die die Rechte aller hier lebenden Menschen schützen. Freiheit braucht Sicherheit, um sich entfalten zu können. Gleichzeitig finden für uns die Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz dort ihre Grenze, wo Freiheitsrechte zu sehr eingeschränkt werden. Unsere Sicherheitsbehörden sind auf das Vertrauen der Bürger*innen angewiesen. Dieses Vertrauen rechtfertigen die Polizist*innen, die jeden Tag einen anstrengenden, engagierten und unverzichtbaren Dienst für unser Gemeinwesen leisten. Es gibt aber auch Fehlentwicklungen und strukturelle Probleme. Diese zu benennen und an ihnen zu arbeiten, ist eine Stärke und keine Schwäche. Es ist auch die Voraussetzung, um Vertrauen zurückzugewinnen, das in Teilen der Bevölkerung insbesondere im Zuge des rechten Terrors des NSU und der rassistischen Anschläge von Hanau verloren gegangen ist.

Wir wollen eine lebhafte und wehrhafte Demokratie fördern, die Ehrenamt und Engagement wertschätzt und unterstützt. Wir stehen für eine moderne öffentliche Verwaltung. Und wir wollen starke Kommunen, die vor Ort für die Daseinsvorsorge aller Einwohner*innen sorgen können.

Wir haben schon einiges erreicht. Wir haben massiv in die personelle und sächliche Ausstattung der Polizei investiert. Hessen ist unter den drei Bundesländern mit der niedrigsten Kriminalitätsbelastung. Mit dem Gesetz zum hessischen Bürger- und Polizeibeauftragten haben wir eine unabhängige Instanz auf den Weg gebracht, die bei Beschwerden über das Verhalten der Polizei vermitteln, Bürgeranliegen unbürokratisch bearbeiten kann und die in der neuen Legislaturperiode besetzt wird. In Reaktion auf die Skandale bei der Polizei wurde eine Expertenkommission eingesetzt, mit deren Empfehlungen ein wirklicher Neuanfang bei der Polizei eingeleitet werden soll. Der Kampf gegen Rechtsextremismus hat bei Polizei und Verfassungsschutz einen neuen Stellenwert bekommen. Das hessische Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ gehört zu den bestausgestatteten in ganz Deutschland. Mit dem Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz haben wir das Demonstrationsrecht gestärkt. Das Lobbyregister im Hessischen Landtag erhöht die Transparenz. Die Landesverwaltung haben wir durch zusätzliche Stellen, moderne, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und positive hessische Besonderheiten bei der Tarifgestaltung wie beispielsweise das Landesticket gestärkt.

Das war erst der Anfang. Unser Land braucht mehr. Mehr Mut, die notwendigen Veränderungen anzugehen. Mehr Willen, diese Herausforderungen zu gestalten. Mehr Verantwortung, diesen Weg für alle fair und gerecht zu beschreiten. Gehen wir gemeinsam den nächsten Schritt.


Bürgerrechte stärken
Der Schutz und die Stärkung von Bürgerrechten müssen immer fester Bestandteil einer verantwortlichen Sicherheitspolitik sein. Freiheitsrechte und Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung stehen in einem Spannungsverhältnis. Wer sie leichtfertig gegeneinander ausspielt, wird Freiheiten verlieren, aber keine Sicherheit gewinnen. Repressionsarme Konzepte, wie z. B. städtebauliche Kriminalprävention, sollen immer Vorrang vor Überwachungsmaßnahmen haben. Flächendeckende Videoüberwachung oder akustische Überwachung des öffentlichen Raums darf es nicht geben. Dies gilt insbesondere auch für die intelligente Videoüberwachung. Ihr Einsatz ist auf die gezielte Identifikation von Straftätern oder Straftaten zu beschränken, muss die Rechte ubeteiligter Dritter wahren und kann die Bewertung einer Situation durch die Polizei nicht ersetzen. Immer neue Gesetze schaffen eben nicht immer mehr Sicherheit. Daher wollen wir einen Wirksamkeits-Check im Sicherheitsbereich als Standardinstrument etablieren, der bei bestehenden und neuen Maßnahmen, die Bürgerrechte einschränken, Anwendung findet. Generell gilt für uns für Maßnahmen, die in Bürgerechte eingreifen: je stärker der Eingriff, umso höher müssen die gesetzlichen Hürden sein, beispielsweise durch die Notwendigkeit eines vorherigen richterlichen Beschlusses. Diese Anforderungen erfüllen die derzeitigen Pläne auf europäischer Ebene zur sogenannten Chatkontrolle nicht. Dennoch können und müssen Straftaten im Internet konsequent verfolgt werden. Hierzu werden wir eng mit Expert*innen zusammenarbeiten, um im digitalen Raum gezielt Kriminalität auf dem neusten Stand der Technik zu bekämpfen, ohne Bürger*innenrechte unverhältnismäßig einzuschränken. Wir setzen uns für den aktiven Schutz von Whistleblower*innen und Hinweisgeber*innen ein.


Extremismus bekämpfen, Antifaschismus leben
Der Verfassungsschutzbericht benennt klar, dass die größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung von rechts kommt. Wir stellen uns als GRÜNE rechtsextremem Gedankengut entschieden entgegen, unterstützen Zivilgesellschaft, die sich für Demokratie einsetzt, und wir befähigen die Sicherheitsbehörden, Rechtsextremismus zu bekämpfen, rechtsextremistische Netzwerke und Strukturen bis hin zu terroristischen Bedrohungen schneller zu erkennen und zu handeln. Dies gilt ebenso für andere Formen des Extremismus, die unsere Demokratie und unsere Freiheit infrage stellen. Wir haben einen Blick darauf, wie sich verschiedene Formen des Extremismus gegenseitig stärken, welche gemeinsamen Grundlagen wie Antifeminismus und Verschwörungsmythen sie speisen. Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten. Wir bringen im Bundesrat Initiativen zur Verschärfung des Waffenrechts voran und unterstützen Vorhaben der Bundesregierung in diese Richtung. Dazu gehört neben strengeren Regeln für den privaten Waffenbesitz auch eine umfangreichere Hintergrund- und Zuverlässigkeitsüberprüfung vor der Erteilung einer Waffenerlaubnis. In Hessen werden wir die Kontrollen bei Waffenbesitzer*innen ausbauen und das Vollzugsdefizit bei der Entziehung von Waffenbesitzkarten schließen. Die Bekämpfung von Extremismus beginnt mit Präventionsarbeit. Wir werden die Landesprogramme zur Extremismusprävention weiter ausbauen, die Präventionsarbeit in der Jugendarbeit und aufsuchenden Sozialarbeit stärken und die politische Bildung ausweiten.


Polizei in einer demokratischen Gesellschaft
Wir wollen gute Arbeitsbedingungen für Polizist*innen. Sie leisten einen wichtigen Dienst für die Gesellschaft und sind gleichzeitig bei ihren Einsätzen Gefahren ausgesetzt. Um diese bewältigen zu können, muss die Ausstattung stimmen. Wir sorgen dafür, dass neue Stellen in der Polizei dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Die Ausstattung der Polizei muss auf dem Stand der Technik und notwendige Schutzausrüstung vorhanden sein. Wir setzen einen Schwerpunkt auf die Stärkung der Polizeistationen und -streifen. Denn hier wird Polizeiarbeit für die allermeisten Bürger*innen direkt erfahrbar. Aber auch die Bekämpfung des Rechtsextremismus, des religiösen Extremismus und der organisierten Kriminalität und von Straftaten im Internet werden wir intensivieren. Bei der hierfür notwendigen Software setzen wir uns für eine bundesweite Harmonisierung der polizeilichen IT ein. Hessen darf keinen Sonderweg einschlagen. Zur Unterstützung der Polizeibeamt*innen wollen wir mehr Möglichkeiten zum Austausch, zur Reflexion und zur Supervision schaffen – insbesondere nach herausfordernden Einsätzen. Um Kleinkriminalität und Störungen der öffentlichen Ordnung, deren Ursache häufig soziale oder psychische Probleme sind, wirksamer zu behandeln, wollen wir die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sozialarbeit stärken.

Alle Menschen müssen der Polizei vertrauen können. Innere Sicherheit muss die Lebensrealitäten aller Menschen beachten. Zu häufig werden marginalisierte Perspektiven nicht berücksichtigt. Betroffene Personen fühlen sich deshalb nicht sicher. Wir setzen uns aus diesem Grund für eine Innenpolitik ein, die die vielfältigen Perspektiven stärkt, die Repräsentanz von marginalisierten Gruppen in der Polizei erhöht und Gewalttaten gegen Frauen, queere Menschen, Menschen mit Behinderung, wohnungslose Menschen, Jüdinnen*Juden und migrantisch gelesene Menschen entschlossen bekämpft. Daher werden wir die von der Expertenkommission vorgeschlagenen Maßnahmen für einen Neuanfang bei der Polizei konsequent umsetzen. Dazu gehört auch ein neues Leitbild für die Arbeit der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft. Rechtsextreme Haltungen und menschenverachtende Einstellungen haben in der Polizei keinen Platz, deshalb stärken wir die demokratische Resilienz der Polizei und begegnen menschenverachtenden Tendenzen mit allen rechtlichen Mitteln. Die Polizei ist eine lernende Organisation und braucht eine Kultur zum Umgang mit Fehlern. Evaluierungen müssen regelmäßig durchgeführt und nach außen transparent gemacht werden. Dabei ist auch durch entsprechende Studien zu hinterfragen, ob dem Handeln unbewusst Vorurteile bis hin zum Racial Profiling zugrunde gelegt werden. Wir wollen das Vertrauen in die Polizei nachhaltig stärken, polizeiliches Handeln kritisch betrachten, um es transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten. Daher wollen wir auf Grundlage der Erfahrungen im Bund und in anderen Bundesländern mit einem Modellversuch die Einführung eines Quittungssystem bei Personen- und Verkehrskontrollen erproben und empirisch begleiten, um Aufschluss über das Kontrollverhalten der Polizei und mögliches Racial Profiling zu erhalten. Flächendeckende kontinuierliche Weiterbildung und Sensibilisierung vor allem im Bereich der Vorurteilskriminalität sind für uns wesentlich für erfolgreiche Polizeiarbeit. Deshalb legen wir in der Aus- und Weiterbildung, insbesondere von Führungskräften, einen Schwerpunkt auf weitere Präventions- und Supervisionsmaßnahmen und die Vermittlung von politischer Bildung, rassismus- sowie gendersensibler Polizeipraxis. Die Polizei soll in der Ausbildung und im Austausch mit Betroffenen stärker für die Opferperspektive sensibilisiert werden. Wir möchten die Stelle des Bürger- und Polizeibeauftragten auf Grundlage der praktischen Erfahrungen evaluieren und gemeinsam mit Expert*innen weiterentwickeln. Hierbei wollen wir sowohl die Befugnisse und Kompetenzen der Stelle als auch die Stelle an sich ausweiten und stärken, um sicherzustellen, dass sich Betroffene von Polizeigewalt und -fehlverhalten sicher Hilfe und Beratung holen können.

Bei schwierigen Einsatzlagen verbessern wir die psychosoziale Erstbetreuung am Tatort. Die Polizei muss sich nach außen öffnen, indem beispielsweise Lehrende verstärkt nicht nur aus der Polizei selbst stammen und die Polizei den Austausch mit der Zivilgesellschaft intensiviert. Wir wollen die Aussagekraft der Kriminalstatistik weiter verbessern, z. B. durch die aussagekräftige Darstellung von kinder-, frauen-, queer- und behindertenfeindlichen sowie rassistischen Straftaten in der Kriminalstatistik. Für eine wissenschaftliche Analyse von Prävention bis zum Justizvollzug, die eine effektive Polizeiarbeit und den Justizvollzug stärkt, streben wir zusätzlich einen periodischen Sicherheitsbericht auf Landesebene an.


Aus den Untersuchungsausschüssen lernen
Der Untersuchungssauschuss zur Mordserie des NSU hat ebenso wie die Untersuchungsausschüsse zum Mord an Walter Lübcke und zum rassistischen Anschlag von Hanau gezeigt, dass unsere Sicherheitsbehörden ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden sind, Menschenleben zu schützen und Gefahren für unsere Demokratie abzuwehren. Aufklärung schafft Vertrauen. Genau das brauchen die hessischen Sicherheitsbehörden. Daraus werden wir weitere Lehren und Konsequenzen ziehen. Als Beispiele, bei denen wir aus Fehlern lernen wollen, sind der Umgang mit Akten über Rechtsextremisten, die Betreuung von Opfern bei Großlagen, der Umgang mit Angehörigen und die Verschärfung des Waffenrechts zu nennen. Wir unterstützen die Pläne des Bundes für ein zentrales NSU-Archiv und wollen uns als Land aktiv an dem Aufbau beteiligen.


Demokratie fördern
Demokratie braucht eine lebendige Zivilgesellschaft, die für die Werte unserer Verfassung einsteht. Das Demokratiezentrum Marburg haben wir zu einer Fach- und Koordinierungsstelle mit ausgewiesener Expertise ausgebaut. Es stellt ein umfangreiches Angebot zur Verfügung, um demokratische Strukturen zu stärken, Rechtsextremismus und Rassismus vorzubeugen sowie Betroffenen Hilfe zu geben. Das Demokratiezentrum, das Landesprogramm „Hessen aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ und die zahlreichen engagierten Organisationen und Initiativen in diesem Bereich werden wir weiter stärken. Durch ein Hessisches Demokratiefördergesetz wollen wir die Finanzierung auf eine verlässliche Grundlage stellen und dauerhafte Beratungsstrukturen schaffen. Wir werden die Angebote gemeinsam mit den Träger*innen weiter ausbauen und insbesondere für die ländlichen Regionen dezentralisieren. Den Weiterbildungsmaster „Beratung im Kontext Rechtsextremismus“ wollen wir bedarfsgerecht ausbauen.

Wir stehen dafür ein, dass jüdisches Leben in Sicherheit möglich ist. Daher schützen wir Jüdinnen*Juden und jüdische Orte und bekämpfen Antisemitismus als strukturelles, gesellschaftliches Problem und treten Judenhass entschlossen entgegen. Wir benennen Antisemitismus nach der Arbeitsdefinition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA). Wir erfassen antisemitische Straftaten und judenfeindliche Vorfälle, auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, und finanzieren Melde- und Beratungsstellen. Wir thematisieren antisemitische Verschwörungsmythen und die Kontinuität der Judenfeindschaft durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und fördern antisemitismuskritische Präventions- und Bildungsangebote. Wir prüfen die Einführung neuer Feier- und Gedenktage zur Steigerung des Demokratiebewusstseins.

Als GRÜNE Hessen setzen wir uns aktiv gegen Rassismus ein und streben ein friedvolles und rassismusfreies Leben in Hessen an. Daher wollen wir gemeinsam mit der Wissenschaft und den Verbänden einen landesweiten Aktionsplan gegen Rassismus auf den Weg bringen. Wir wollen das gesellschaftliche Bewusstsein dafür stärken, dass bestimmte Formulierungen (wie das N-Wort) für Menschen verletzend und diskriminierend sind und daher nicht verwendet werden sollten. Wir unterstützen Initiativen auf Landes- und kommunaler Ebene, die an diesem Thema arbeiten. Unser Ziel ist eine vielfältige und inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt sind und respektiert werden. Des Weiteren engagieren wir uns für die Umsetzung der Ziele der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft.


Unsere Verfassung schützen
Angesichts der Bedrohungen unserer Demokratie vor allem durch gewaltbereiten Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, unsere Verfassung untergrabende Delegitimierung des Staates und Verschwörungsideologien braucht es gezielter staatlicher Anstrengungen zum Schutz der Werte unserer Verfassung. Wir wollen, dass Bestrebungen, die sich gegen die Grundwerte unserer Verfassung richten, frühzeitig erkannt werden und dass über sie gegenüber der Öffentlichkeit berichtet wird. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist dieser Aufgabe in der Vergangenheit oft nicht gerecht geworden. Deshalb werden wir den begonnenen Umstrukturierungsprozess konsequent fortsetzen und weiterschreiben. Dazu gehört, dass wir die wissenschaftliche Expertise im Verfassungsschutz selbst sowie die Einbeziehung von externer wissenschaftlicher Expertise stärken wollen, um die Strukturen und Zusammenhänge demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen effizient zu beobachten und zu analysieren. Wir setzen auf klare Qualifikationskriterien für die Mitarbeitenden des Verfassungsschutzes und eine kontinuierliche Weiterbildung. Die parlamentarische Kontrolle werden wir weiter stärken. Verfassungsschutz in einem demokratischen Rechtsstaat bedeutet für uns, dass die Mitarbeiter*innen dieser Behörde die Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden und dass ihre interkulturelle Kompetenz durch zielgerichtete Aus- und Fortbildung gestärkt wird. Die Beschaffung von Informationen durch den Verfassungsschutz haben wir neu strukturiert und auf eine wissenschaftliche Basis gestellt. Die Beobachtung des digitalen Raums hat an Bedeutung gewonnen, um Radikalisierung durch rechtsextremistische Ideologien zu verfolgen. Um Radikalisierung vor dem Bildschirm zu verhindern, stärken wir die Fähigkeiten des Verfassungsschutzes in diesem Bereich und klären die Bevölkerung über die Risiken auf. Für uns gilt auch weiterhin, dass der Einsatz von V-Leuten nachrangig zu anderen Aufklärungsmöglichkeiten ist und immer auf seine Wirkung überprüft werden muss. Deshalb wollen wir prüfen, wie der Einsatz von V-Leuten vor allem im Phänomenbereich Rechtsextremismus noch sicherer und zuverlässiger und für Sicherheitsorgane nachvollziehbarer gestaltet werden kann.


Kommunalpolitik ist der direkte Zugang zur Demokratie
In den hessischen Städten und Gemeinden spielt sich das Leben ab. Kommunale Entscheidungen wirken sich direkt auf unser Umfeld aus. Die kommunalen Parlamente sollen deshalb vielfältiger, moderner und flexibler werden sowie Bürger*innen regelmäßig aktiv einbeziehen. Dafür wollen wir die richtigen Weichen stellen. Wir wollen Kommunen den rechtlichen Rahmen geben, um Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit in der ehrenamtlichen Kommunalpolitik zu verwirklichen. Dazu gehört, digitale kommunale Sitzungen rechtssicher zu ermöglichen, falls das vor Ort gewünscht wird.

Wir wollen die ehrenamtlich engagierten Mitglieder in den kommunalen Parlamenten stärken. Die Kommunalparlamente sollen städtische Gesellschaften und die staatlichen Abteilungen der Kommunalverwaltung mit Frage- und Auskunftsrechten kontrollieren können. Zum Schutz der Kandidierenden auf Wahllisten soll nur noch die Erreichbarkeitsadresse veröffentlicht werden. Wir wollen Maßnahmen zur Korruptionsprävention in Kommunen prüfen, wie beispielsweise Sonderkommissionen in den Regierungspräsidien oder die Möglichkeit zur Einrichtung einer Kontrollkommission aus der Mitte des Gemeindeparlaments zur Prüfung von Vergabeverfahren. Durch Qualifikation und Beratung wollen wir Kommunen auf Grundlage des Tariftreue- und Vergabegesetzes in die Lage versetzen, bei der Vergabe geeignete und angemessene soziale und ökologische Anforderungen zu berücksichtigen.

Städte und Gemeinden sollen bei wichtigen Entscheidungen ihre Bürger*innen einbinden. Dazu wollen wir die Einrichtung von Bürger*innenräten ermöglichen, deren Mitglieder nach einem repräsentativen Losverfahren ausgewählt werden. Kinder- und Jugendparlamente werden wir stärken. Die Möglichkeit für eine Bürger*innenfragezeit, wie sie in einigen hessischen Gemeinden bereits praktiziert wird, wollen wir in der Hessischen Gemeindeordnung vorsehen.


Für eine an Humanität orientierte Asylpolitik
Wir sehen es als unsere Pflicht, Menschen auf der Flucht in Hessen einen sicheren Hafen zu gewähren. Die Kriege in Syrien, Afghanistan und der Ukraine haben in den letzten Jahren viele Menschen dazu gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Seit wir an der Landesregierung beteiligt sind, musste deshalb gleich zweimal einer großen Zahl an aus ihrer Heimat vor Krieg geflüchteten Menschen in Hessen ein neues Zuhause gegeben werden. Dies ist gelungen durch ein großes Engagement von Kommunen und Ehrenamtlichen. Als Land haben wir mit Aktionsplänen die Herausforderungen gemeistert und das Engagement unterstützt. Mit dem Landesaufnahmeprogramm für 1.000 Menschen aus Afghanistan haben wir Familien in Hessen zusammengeführt. Auch zukünftig wollen wir solche Programme auflegen.

Nicht jede*r Geflüchtete wird dauerhaft in unserem Land bleiben können. Wir setzen uns aber dafür ein, dass Menschen, die sich in Hessen ein Leben aufgebaut haben, in Hessen eine neue Heimat finden können. Ein Weg hierzu ist der Spurwechsel vom Asyl- in ein Einwanderungsverfahren. Um Bleibeperspektiven zu prüfen und zu eröffnen, wollen wir eine zentrale Anlaufstelle als „Willkommenszentrum“ einführen, um zügig und aus einer Hand bei der Anerkennung von Abschlüssen, aufenthaltsrechtlichen Fragen und Integrationsmaßnahmen zu unterstützen. Es ist aber auch ein Beitrag, den Fachkräftemangel zu reduzieren.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen und Abschiebungen sind rechtsstaatliche Maßnahmen, die behutsam und angemessen durchzuführen sind. Die Betroffenen wollen wir in der schwierigen Situation bestmöglich unterstützen, und wir berücksichtigen insbesondere die Belange von Kindern und Familien. Die freiwillige Rückkehr hat für uns Vorrang vor einer Abschiebung. Daher wollen wir die Rückkehrberatung für Menschen ohne Bleibeperspektive evaluieren und gegebenenfalls weiterentwickeln.

In Hessen werden politisch Verfolgte von unterschiedlichen Institutionen unterstützt. Das Land hat auf unsere Initiative hin begonnen, diese Arbeit zu fördern, beispielsweise mit der unabhängigen Verfahrensberatung in den Erstaufnahmeeinrichtungen und den psychosozialen Zentren für Geflüchtete. Außerdem haben wir eigene Stipendien für politisch Verfolgte aufgelegt. Dies wollen wir in Kooperation mit den bestehenden Strukturen ausbauen.


Ehrenamt im Sport unterstützen
Der Breitensport wird in Hessen von den Ehrenamtlichen in den Vereinen getragen. Hier treffen Menschen mit ganz unterschiedlichen sozialen, kulturellen und geografischen Hintergründen zusammen. Sport verbindet, bringt unsere Gesellschaft zusammen und hält gesund. Das vielfältige Vereins- und Sportangebot werden wir daher weiter unterstützen und das Ehrenamt stärken und entlasten. Dafür unterstützen wir besonders offene Sportangebote für ein niedrigschwelliges Bewegungsangebot und Angebote im ländlichen Raum auch für kleinere Zielgruppen. Wir wollen, dass jedes Kind einem wohnortnahen Sportangebot nachgehen kann und ein Angebot für den Schwimmunterricht bekommt. Dafür werden wir den Erhalt der hessischen Bäderlandschaft weiter fördern sowie Vereine und Kommunen dabei unterstützen, ihre Sportstätten im Sinne der Klimaziele zu sanieren. Die Förderung werden wir außerdem so überarbeiten, dass sie auch Rettungsstationen zugutekommen kann. Spielplätze für alle Generationen regen zum gemeinsamen Spielen, zu Bewegung und zum Austausch zwischen Jung und Alt an. Wir wollen Bewegungsräume in den Quartieren und Gemeinden, z. B. durch generationenübergreifende Bewegungsstätten, fördern. Für uns ist bei der Sportförderung wichtig, dass wir überall in Hessen für unterschiedliche Altersgruppen, für Frauen und Mädchen sowie Geflüchtete und queere Personen Angebote machen. Wir stehen für einen auf die Athlet*innen zentrierten Leistungssport. Wir fördern Hessens Sporttalente wohnortnah, indem wir die regionalen Talentzentren stärken und die Zusammenarbeit zwischen Schule und Vereinen vor Ort unterstützen.

Wir stärken den Kampf gegen physische, psychische und sexualisierte Gewalt im Sport und entwickeln gemeinsam mit der Sportjugend das Programm „Kindeswohl im Sport“ weiter. Wir beteiligen uns an der Kampagne des Bundes zur Sensibilisierung und Prävention bei Vereinen und Verbänden.


Für starke Feuerwehren, Rettungsdienste und Katastrophenschutz
Hessens Feuerwehren, die Rettungsdienste und der Katastrophenschutz sind nicht nur da, wenn es brennt. Sie sind immer dann zur Stelle, wenn Menschen Hilfe brauchen – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, und das ganz überwiegend ehrenamtlich. Wir unterstützen die Wehren bei der Gewinnung von neuen engagierten Mitgliedern und Personal. Dazu gehört beispielsweise auch, mit Umkleiden die baulichen Voraussetzungen für einen höheren Frauenanteil zu schaffen. Im Ernstfall müssen alle in der Lage sein, schnell zu reagieren, sich und andere zu schützen und Schäden gering zu halten. Dafür werden wir weiter in die Ausrüstung investieren. Durch den Klimawandel sind die Feuerwehren und der Katastrophenschutz durch Starkregenereignisse, extreme Hochwasser sowie trockene Sommer mit hoher Waldbrandgefahr zusätzlich gefordert. Wir stellen uns dafür weiter mit einer guten finanziellen, personellen und technischen Ausstattung für die Prävention als auch für die akute Hilfe auf und passen die Ausrüstung der Wehren den Erfordernissen des Klimawandels an. Wir wollen den engen Austausch zwischen Katastrophenschutz, Feuerwehren, Umweltbehörden sowie Städten und Gemeinden stärken und schreiben unsere Konzepte zur Bekämpfung von Waldbränden sowie Starkregenereignissen kontinuierlich fort. Für eine Anpassung kommunaler Gefahrenabwehr und des Krisenmanagements aufgrund von aktuellen und dynamischen Veränderungen, die die nicht polizeiliche Gefahrenabwehr an die Grenzen bringen, unterstützen wir die Kommunen in Zusammenarbeit mit allen Blaulichtorganisationen bei der Verbesserung von Strukturen. Mit gezielten organisationsübergreifenden Aus- und Fortbildungskonzepten bereiten wir die Einsatzkräfte darauf vor. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf immer wichtiger werdende Warnsysteme wie Sirenen und Apps sowie deren Barrierefreiheit, um im Ernstfall alle Menschen warnen zu können.


Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement tragen unsere Gesellschaft
Der ehrenamtliche Einsatz vieler Menschen in unserem Land trägt unser Zusammenleben und unsere Gesellschaft. Ob in der Jugendarbeit, den Naturschutzverbänden, im Sport, in der Kultur, den Religionsgemeinschaften oder Hilfsorganisationen und bei der Unterstützung von Geflüchteten und in vielen weiteren Bereichen unserer Gesellschaft organisieren sich Millionen Menschen in Hessen ehrenamtlich. Sie tragen entscheidend zum Zusammenhalt der Gesellschaft und zu unserem Gemeinwesen bei. Ihre Arbeit unterstützen und fördern wir. Erfolgreiche Programme wie die Ehrenamtscard, die Ehrenamtssuchmaschine, den Ehrenamtsnachweis, den Versicherungsschutz und die LandesEhrenamtsagentur Hessen bauen wir weiter aus. Wir wollen die koordinierende Rolle der LandesEhrenamtsagentur Hessen weiter stärken. Wir werden eine Ehrenamtsstrategie für das Land Hessen erarbeiten, die die Förderstrukturen für ehrenamtliches Engagement weiterentwickelt.


Für eine moderne Verwaltung und einen attraktiven öffentlichen Dienst
Ob es um die Bewältigung der Coronapandemie, die Genehmigung von Windkraftanlagen oder die Planung von Radwegen geht: Ohne eine funktionierende Verwaltung geht gar nichts. Deshalb hat das Land Hessen eine hohe Verantwortung für seine Beschäftigten und ist in der Pflicht, attraktive und moderne Arbeitsbedingungen anzubieten. Um moderne Arbeitsplätze zu schaffen für Beamt*innen und Angestellte, arbeiten wir weiter an flexiblen Arbeitszeitmodellen. Dazu gehören für uns die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Unterstützung bei CareArbeit, klare und flexible Homeoffice-Regelungen und flache Hierarchien. Ebenso gehört dazu eine zeitgemäße Büroausstattung, die den Anforderungen der Digitalisierung gerecht wird. Die Ausbildung der Mitarbeitenden für die Verwaltung an den Hochschulen und Verwaltungsfachhochschulen richten wir modern aus. Dafür verzahnen wir die Ausbildung eng mit der Verwaltungsforschung.

Wir setzen uns dafür ein, unsere Verwaltung zu modernisieren. Bürokratie soll durch Transparenz und Sicherheit der Demokratie dienen, überflüssige Bürokratie hingegen wollen wir abbauen. Neue Regelungen müssen so beschlossen werden, dass sie nicht zu immer komplexeren und schwierigeren Verfahren in der Umsetzung führen. So schaffen wir es, dass unsere Verwaltung handlungs- und reaktionsfähig ist und Planungs- sowie Umsetzungszeiten kürzer werden. Wir wollen eine Kultur behördlicher Zusammenarbeit und die Ermöglichung innovativer Ansätze. Die Menschen, die in den Verwaltungen arbeiten, leisten tagtäglich Großes, aber viele systemische Probleme stehen ihnen im Weg. In der Verwaltung gibt es längst viele positive Ansätze, auf denen es aufzubauen lohnt. Eine moderne und effektive Verwaltung benötigt moderne Strukturen, die über eine reine Digitalisierung hinausgehen. Wir streben über das bereits Erreichte hinaus ein Höchstmaß an Transparenz und Übersichtlichkeit bei der Gesetzgebung an.

Die öffentliche Verwaltung ist als Arbeitgeberin vom Fachkräftemangel stark betroffen. Die Verwaltung braucht kluge Köpfe, einerseits zur Bewältigung der herausfordernden Arbeit und andererseits als Impulsgeber für eine Modernisierung aus der Verwaltung heraus. Um interessant für Bewerber*innen zu sein, müssen durch eine Flexibilisierung des Angestellten- und Beamtenrechts die Chancen des Seiteneinstiegs erleichtert und vorherige andere Berufserfahrungen stärker berücksichtigt werden. Im Wettbewerb um Personal sind attraktive Arbeits- und Einkommensbedingungen wesentlich. Beamt*innen erfüllen wichtige Aufgaben und müssen angemessen bezahlt werden. Bei der Anpassung der Beamt*innenbesoldung an die geltende Rechtsprechung sind wir erste, wichtige Schritte gegangen und werden die notwendigen weiteren Anpassungen vornehmen. Das Beamt*innenrecht soll dem Tarifrecht folgen, insbesondere sollen Tarifergebnisse auf Beamt*innen übertragen werden. Die aktuelle Benachteiligung von freiwillig gesetzlich gegenüber privat krankenversicherten Beamt*innen wollen wir abbauen. Wir werden die Einführung einer pauschalen Beihilfe in Form eines Zuschusses des Dienstherrn zu den Krankenversicherungsbeiträgen vollständig freiwillig gesetzlich oder vollständig privat versicherter Personen prüfen. Als Land gehen wir mit gutem Beispiel voran und stärken die Mitbestimmungsrechte der Personalräte in den Bereichen Gesundheitsschutz, Digitalisierung und neue Arbeitsformen. Wir wollen die Tarifgemeinschaft der Länder weiter davon überzeugen, die Vorteile des hessischen Tarifvertrags zu übernehmen.

Der zunehmenden Gewalt gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes treten wir entschieden entgegen und werden weitere Maßnahmen ergreifen, um die Beschäftigten zu schützen und sie bei Übergriffen zu unterstützen. Für eine gute Kultur in unseren Behörden fördern wir Antidiskriminierung nach innen wie nach außen. Wir wollen Themen wie interkulturelle Kompetenzen, den Umgang mit Aggressionen und Antidiskriminierung in der Aus- und Weiterbildung stärken. Dafür setzen wir uns als Land, aber auch in Partnerschaft mit den Kommunen als Arbeitgebern, weiter ein.